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Żelazowa Wola | Geburtsort von Frédéric Chopin

Historische Einteilung und Lage

Żelazowa Wola ist für die Romantiker ein magischer Ort. Es scheint, als ob der melancholische Chopin nachdenklich zwischen den masowschen Weiden umherschlendert und die Ruhe ihm die nötigen Ideen für die Mazurkas liefert.

In diesem winzigen und ruhigen Dorf in der Gemeinde Brochow im Kreis Sochaczew am Rande des Kampinos-Nationalparks steht das Geburtshaus von Frédéric Chopin. Von hier sind es knapp 60 Kilometer bis zur Warschauer Innenstadt, mit dem Bus braucht man dafür ca. eine Stunde.

Als Chopin 1810 geboren wurde, gab die Königliche Republik Polen-Litauen (bis 1795) nicht mehr. Das polnisch-litauische Commonwealth fand mit der 3. Polnischen Teilung sein Ende und wurde von den preußischen, russischen und österreichischen Adlern in Stücke gerissen. Auf dem Wiener Kongress von 1815 wurde das Königreich Polen geschaffen, dessen Könige in Personlaunion auch die Zaren von Russland waren. Man nannte diesen Teil Russlands auch Kongresspolen.  Das Los in den eigenen Händen halten werden die Polen erst wieder in 103 Jahren mit der Ausrufung der Unabhängigkeit am 11. November 1918.

Zelazowa Wola und Chopins Musik

Aus Warschauer Perspektive ist es ist ein wenig Schade, dass Frédéric in einem Ort geboren wurde, dessen Name sich nur schwer vermarkten lässt und welcher zudem relativ weit weg liegt. Zudem war er gerade mal sechs Monate alt, als seine ganze Familie nach Warschau zog. Man könnte also meinen, dass es wenig Sinn macht nach Zelazowa Wola zu reisen. Doch der junge Frédéric besuchte seinen Geburtsort regelmäßig und es ist gut dokumentiert, welch entcheidenden Einfluß jene ländlichen Gebiete in der polnischen Provinz auf sein Wirken hatten. Man muss sogar sagen, dass seine Werke ohne Zelazowa Wola nie zu dem Ruhm gekommen wären, den sie heute verdient genießen. Zum letzten Mal verbrachte er in Zelazowa Wola den Sommer 1830.

Zelazowa Wola. Geschichte des Geburtshauses

Das Problem mit dem Geburtsdatum

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Brochow. Taufkirche von Chopin © Hubert Smietanka [CC BY-SA]

Am 1. März 1810 kam Frédéric Chopin in Zelazowa Wola als zweites Kind von Nikolaus Chopin und seiner Frau Justyna Chopin, geb. Krzyzanowska, zur Welt. Dieses Datum wurde von ihm selbst stets so angegeben. In seiner Taufkirche in Brochow wurden 1892 jedoch Eintragungen entdeckt, welche als Geburtsdatum den 22. Februar angeben. Geklärt ist dieses „Geburtsdatumsproblemchen“ bis heute nicht und wird wohl auch nie geklärt werden. Aber zumindest haben die Historiker einen Grund mehr, um heftige Dispute zu führen.

Frédéric hatte drei Schwestern. Ludwika (1807-1855) war das älteste Kind der Chopin-Familie und ist ebenfalls in Zelazowa Wola geboren. Sie schmuggelte nach dem Tod ihres Bruders sein Herz von Paris nach Warschau. Die Vase versteckte sie unter ihrem Rock. Nach Frédéric kamen noch Izabella (1811-1881) und Emilia (1812-1827), welche beide schon in Warschau auf die Welt kamen.

Bis 1939

Seit 1800 stand Zelazowa Wola und die umliegenden Felder im Besitz der Adelsfamilie Skarbek. Doch schon 1834 verlor der Eigentümer Michal Skarbek sein ganzes Hab und Gut und begann daraufhin Selbstmord.

Nach zahlreichen Eigentümerwechseln gelangte das Gut schließlich in die Hände von Adam Towianski. Doch ihm felhten die finanziellen Mittel für den Bau einer Kapelle zu Ehren des berühmten Pianisten. Sein Nachfolger, dessen Name wohl gezielt aus den Geschichtsbüchern gelöscht wurde, brachte das Gebäude in einen schrecklichen Zustand. Als er es schließlich verkaufen wollte, forderte er dafür einen wahren Wucherpreis von 5000 Rubel. Das durch den Verein der Liebhaber der Music Chopins berufene Komitee wollte das nötige Geld zusammenbringen, doch es hat leider nicht gereicht.  Zu erwähnen ist hierbei vor allem der Komponist Milij Balakiriew aus Russland, der zwar aus der verhassten Nation der in Polen herrschenden Russen stammte, aber einen großen Einfluß hatte auf die Sammlung der nötigen Gelder.

Erst in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts kauften zwei Vereine vom letzten Eigentümer Roch Szymaniak das, was vom Landhaus noch übrig geblieben war.

Renovierungsarbeiten 2010

Um das 200. Geburtsjahr Frédéric Chopins ehrenvoll würdigen zu können, wurde das Geburtshaus komplett renoviert und auch die Gartenanlage bekam einen neuen Anstrich. Das Projekt durfte das Architekturbüro aus Lublin Stelmach i partnerzy ausführen. Im Garten knüpfte man an die Vision von Franciszek Krzywda-Polkowski an, der nach Erwerb des Gutshauses in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts 10.000 Setzlinge aus der ganzen Welt bestellte, welche er zwischen die vorhandene Flora pflanzte. Einige Exemplare wachsen dort bis heute. Wenn man genau hinschaut, findet man Japanischen Kuchenbäume, Trompetenbaum (Catalpa), Gelb-Kiefer oder Tulpenbäume. Der Garten wurde im englischen Stil des 19./20. Jahrhunderts gehalten. In der Architektur orientierten sich die Architekten an der Arts-and-Craft-Bewegung.

Die neuen Gebäude erhielten Namen wie Etiuda, Preludium oder Polonez. Alle Baumaterialien stammen aus der umliegenden Gegend.

Obelisk in Garten

Bevor man das Geburtshaus betritt, spaziert man durch den Vorgarten der Anlage. Dort befindet sich ein von Bronisław Żochowski entworfener und 1894 enthüllter Obelisk. Dieses Monument wurde u.a. von Ignacy Jan Paderewski mitfinanziert. Er war nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Polens 1918 Premierminister und Außenminister Polens. Bei der Enthüllungszeremonie war nur ein Russe anwesend – nämlich Milij Balakiriew.

Die masowsche Weide

Wenn die Polen an Chopin denken, kommt ihnen sofort die masowsche Weide in den Kopf. Sogar das berühmteste Denkmal Chopins im königlichen Łazienki-Park zeigt, wie Frédéric romantisch unter einer Weide sitzt. Die Weiden sind in der Gegend um Żelazowa Wola herum zu finden und prägen signifikant das Land.

Quellen

  • Ewa Solinska: Tajemnice Chopina, Warszawa 2012, Oficyna Wydawnicza RYTM, ISBN 978-83-7399-516-1 [Polnisch]

Beitragsbild: Geburtshaus von Chopin © Wojsyl [CC BY-SA]

Gründer von Walking Poland und lizenzierter Stadtführer in Warschau

"Mein polnisches Herz pumpt das Blut ins deutsche Hirn"

antoni@meinwarschau.com

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