
Der Krasinski-Palast. Ein Symbol des polnischen Magnatentums
Bild © Janusz Drzewucki wikimedia [CC BY-SA 4.0]
Die Krasinski-Familie war eine der einflußreichsten Magnatenfamilien in der Königlichen Republik Polen-Litauen. Der polnische Adel leitete seine Herkunft von den Sarmaten ab. Dieses freiheitsliebende und kriegerische Volk siedelte sich ab dem 6. Jahrhundert v. Ch. zwischen dem heutigen Moldawien und Serbien an. Die Herkunfserklärung, verstehe sich von selbst, ist nur eine Legende, die zugleich als Herrschaftslegitimierung über das Restvolk in der polnisch-litauischen Union galt. Es sei erwähnt, dass solche mystischen Erzählungen nicht außergewöhnliches waren. Nehmen wir z.B. den schwedischen Adel, der überzeugt war, dass Magog, der Enkel von Noah, ihr Urvater war. Daher stammen auch die hohen Ziffern der schwedischen Könige. Der Unterschied zwischen dem polnischen Adel und den hohen Gesellschaften anderer Nationen ist sein hoher Anteil an der Gesamtbevölkerung (bis zu 12 Prozent).
Die Krasinski repräsentiert eine Weltanschauung, die für die Aristokratie in Polen-Litauen typisch war und am Krasinski-Palast sichtbar wird.
Inhalt
Die polnischen Wappenfamilien
Wer glaubt, dass die Schweden etwas übertrieben haben, höre sich mal die Geschichte der Krasinski-Familie an. Die suchte nicht in der Bibel, sondern in der antiken Welt der Römer und fand den Feldherrn Marcus Valerius Messalla Corvinus, der von 64 v. Chr. bis 8 n. Chr. gelebt und gekämpft hatte.
Um es noch komplizierter zu machen, ist es notwendig zu wissen, dass in Polen ein Wappen sogar hunderte Familien umschließen konnte. In Westeuropa hatte eine Familie ein Wappen. Es gab hier also ganze Wappenfamilien. Die Familie Krasinski war also aus dem Geschlecht der Slepowron, was auf Deutsch Nachtreiher heißt. Warum wir nun auf ihrem Wappen einen Raben sehen, folgt aus der Vermischug der einzelnen Familien untereinander, was die Verzweigungen as absurdum führen lassen. Man kann es mit dem Steuersystem in Deutschland vergleichen. Dort erklärt der Steuerberater, wo man was eintragen soll. Hier der Heraldiker, wer welcher Familie angehört.
Die Tympanons können schöne Geschichten erzählen
Schaut ma sich nun die Fassaden im Osten wie im Westen an, wird man bei näherem Hinschauen genau diese Geschichte bestätigt wissen.
Stellen wir uns zunächst vor die Ostfassade (von der Straße aus betrachtet): das Flachrelief im Tympanon stellt den oben genannten römischen General Marcus Corvinus in einem antiken Duell gegen einen Gallier. So wollte er übermäßiges Blutvergießen verhindern. Wer hier siegreich vom Feld ging, gewann die ganze Schlacht. Anfangs sah es danach aus, dass er verlieren würde, doch ein Rabe kam ihm zur Hilfe und Corvinus tötete seinen Opponenten. Jetzt ist auch klar, wo der Rabe hekommt.
Nun müssen wir den ziemlich sperrigen Palast umgehen und uns das Tympanon auf der anderen Seite anschauen. Die Zeitmaschine bringt uns bis nach Rom. Marcus Corvinus wird auf seinem triumphalen Einzug dargestellt, nachdem er die Gallier besiegt hatte.
Nun bietet sich auch die Möglichkeit im Park auf einer Bank alles zu verarbeiten. Rom, Warschau, Krasinski, Raben und Gallier … ich weiß: das hat nun wirklich niemand erwartet.
Der Palast
Der Palast steht nur einige Hundert Meter von der Altstadt und dem Königsschloss entfernt. Als die Residenz erbaut wurde, waren hier die Randgebiete der Stadt Warschau.
Bauherr war Jan Dobrogost Krasinski, Wojewode, General und Freund des Königs von Polen Johann III. Sobieski. Bei der Schlacht um Wien gegen die Türken befehligte ein Husarenregiment.
Der Bau begann 1688 und wurde vom berühmten Architekten Tylman van Gameren geleitet. Mit diesem Gebäude schuf Tylman die erste Residenz entre cour et jardin nach Vorbild des Versaiiller Schlosses. Vom cour ist heute nicht mehr viel übrig geblieben. Der jardin hingegen wurde 2014 in einen reizenden Park umgewandelt.
Die Seitengebäude
Leider wurde das Bauvorhaben nicht ganz fertiggestellt. Im Norden und Süden sollten zwei Seitengebäude den Ehrenhof (cour d´honneur) umschließen. Sie sollten jedoch nicht mit dem Hauptgebäude verbunden sein. Errichtet wurde nur das nördliche Gebäude. Als man den Palast nach dem zweiten Weltkrieg wiedererrichtet hatte, ließ man von jenem Seitenflügel ab und verlängerte stattdessen das Gerichtsgebäude, dessen Haupteingang sich gegenüber vom Haupteingnag des Palastes befindet.
Palast der Republik
Bis 1765 stand der Palast im Eigentum der Krasinskis. Auf Initiative des letzten Königs von Polen Stanislaw August Poniatowski wurde er vom polnischen Staat erworben. Auf Polnisch heißt die Adelsrepublik Rzeczpospolita und diesen Namen trug der Palast bis zum Ende des polnischen Staates im Jahre 1795 (Dritte Polnische Teilung).
1795 marschierten die Preußen in Warschau ein, 1806 wurden sie von den Franzosen vertrieben und 1815 übernahmen schließlich für 100 volle Jahre die Herrschaft über – wie sie es nannten – das Weichselland.
Fall, Aufstieg und Zerstörung
Der Palast verlor in der Zeit von 1815 bis 1915 unter russicher Herrschaft an Glanz und Bedeutung. Die Flachreliefs wurden geschliffen und direkt vor dem Gebäude wurden sehr hohe Bäume gepflanzt und verdeckten die Fassade. Auch die Umgebung wurde erheblich degradiert. Bis 1882 war auf dem Krasinski-Platz ein Wollmarkt. Einzig die gusseisernen Brunnen, die bis heute gut sichtbar auf dem Vorhof stehen, brachten etwas positives mit sich.
Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts wurde der Park revitalisiert. Die oben erwähnte Revitalisierung 2012 – 2014 knüpfte an das Aussehen des Park aus jener Zeit an. Sichtbar ist es am Spielplatz und vor allem am mittig gelegenen Teich.
1915 zogen die Russen ab, die Preußen marschierten erneut ein, blieben jedoch nur drei Jahre. 1918 wird die 2. Republik Polen gegründet. Im Krasinski-Palast hatte das Höchste Gericht in Polen seinen Sitz. Die Kartuschen mit dem Wappen Slepowron wurden erneut angebracht, dieses Mal war es jedoch das Wappen der Republik. Statt Adler wurde es also der polnische Adler mit Krone.
Die Zerstörung des Palastes erfolgte während des Warschauer Aufstandes am 27. August 1944. Vom Palast blieb nicht viel übrig; ein Mauerrest sowie die Dekorationen der Ostfassade.
Wiederaufbau
1961 war das Gebäude einzugsbereit, dieses Mal für die Nationalbibliothek. Heute ist es vor allem ein Aufbewahrungsort für alle Dokumente und leider nicht öffentlich zugänglich.