
Das Museum im Palast auf der Insel (Lazienki-Park)
Nachfolgend lesen Sie eine detaillierte Beschreibung des Museums im Palast auf der Insel. Falls Sie nur eine tourisitische Übersicht und Kurzfassung benötigen, klicken Sie einfach auf die folgende Box.
Touristische ÜbersichtDie meisten Gäste betreten den Königlichen Lazienki-Park zumeist von der Aleje Ujazdowskie aus. Dort steht das berühmteste Chopin-Denkmal der Welt, umgeben von Rosenbeeten und Sitzbänken; alles vorbereitet für die sonntäglichen kostenlosen Chopin-Konzerte. An dieser Stelle lässt nichts darauf schließen, dass einen hier noch mehr erwarten könnte außer ein wunderschön erhaltener Park mit dem ältesten Bäumen in der Stadt.
Schlendert man langsamen Schrittes den Abhang hinunter tauchen plötzlich zahlreiche Gebäude auf. Die Alte Orangerie, das klassizistische Wasserreservoir, das Weiße Häuschen, der Myslewicki-Palasst, das Amfitheater oder die Neue Orangerie mit dem dort ansässigen Belvedere-Restaurant. Man merkt, dass hier ein romantisches Gemüt zu Werke ging. Das Herz des Lazienki-Park schlägt jedoch im Palast auf der Insel.
Der Lazienki-Park, ein großes Museum
Uns ist aufgefallen, dass nicht alle wissen, dass man die Objekte im Park besichtigen kann. Dazu muss man zunächst verstehen, dass der Park rein formell ein Museum ist. Das ist der Grund, warum man hier nicht Fahrrad fahren oder Hunde ausführen darf und wieso soviel Aufwand um den Erhalt der Flora und Fauna betrieben wird.
Im Park gibt es folgende Objekte, die zum Lazienki-Museum gehören:
- Das Weiße Häuschen
- Der Myslewicki-Palast
- Die Alte Orangerie (Bildergalerie sowie das Stanislaussche-Theater)
- Das Amfitheater (keine Inneneinrichtungen)
- Der Palast auf der Insel
- Jagd- und Reitermuseum als Filiale des Lazienki-Museums (befindet sich im östlichen Teil des Parks
Die Tickets kann man in der Alten Orangerie sowie in der Fähnrich- (Offiziers)schule erwerben. Die Fähnrichschule befindet sich zwischen dem Ostflügel des Palastes auf der Insel und dem Myslewicki-Palast.
Die Besichtigung des Palastes
Der klassizistische Palast steht auf einer künstlichen Insel. Ursprünglich errichtete hier der polnische Magnat Stanisalw Herakliusz Lubomirski in den Jahren 1683 – 1689 ein Badehaus, auf Polnisch Lazienki.
Die heutige Architekturform erhielt die Sommerresidenz des letzten Königs von Polen Stanislaw August Poniatowski in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Trotz großer Zerstörtungen und einem Brand konnte die Außenstruktur sowie einige innenarchitektonische Elemente gerettet werden. Über das Gebäude selbst gibt es noch wesentlich mehr zu erzählen, aber dafür empfehlen wir unseren gesonderten Beitrag. Klicken Sie dafür einfach auf die folgende Box.
Geschichte des PalastesDer Eingangsbereich
In der Eingangshalle sind dekorative Elemente aus der barocken Zeit von Lubomirski erhalten. In den Nischen stehen zwei Figuren: der ruhende Gott des Krieges als Symbol des Friedens, und die blühende Polonia. Die Gäste wurden also mit Frieden und Wohlstand gesegnet. Wenn man auf die Decke schaut, sieht man unter der Krone die Initialien SA (Stanislaw August) und SL (Stanislaw Lubomirski).
Seit 2020 werden hier die Schuhe der Gäste mit einer Schutzfolie umhüllt und die Körpertemperatur gemessen. So sieht die Museenwelt des 21. Jahrhunderts aus.
Raum des Bachus
Den Namen hat der Raum vom dekorierten Plafond Bachus und Ceres (leider nicht mehr erhalten). Das Werkt stammte von Jan Bogumil Plersch von 1778. Zu Zeiten von Lubomirski erholte man sich hier nach dem Bad. Ein erhaltenes Element ist der steinerne Kamin mit der gusseisernen Platte, auf welcher sich das Wappen der Königlichen Republik Polen-Litauen befindet.
Die Wände sind mit Delf-Kacheln verziert. In den Ecken stehen die Personifikationen der vier Kontinente Europa, Amerika, Afrika und Asien.
Der Baderaum | Lazienka
Dieser Raum gab dem Pavillon und dem ganzen Anwesen den Namen. In Lubomirskis Zeiten standen in den Ecken zwei Badewannen aus Zinn, in welche aus hölzernen Röhren warmes und kaltes Wasser hineinflossen. Poniatowski ließ daraus bequeme Sofas herrichten. Die Flachreliefs beziehen sich auf die ehemalige Funktion des Bades und stellen Erzählungen aus der griechischen und römischen Götterwelt dar.
Zudem finden wir hier die Göttin der Liebe Venus, die aus dem Meer emporstieg.
Der Ballsaal
Der Ballsaal wurde 1788 an den ersten Pavillon angebaut und hat eine typisch klassizistische Ausstattung und Form. Die Hauptachse verläuft zwischen zwei Kaminen. Auf dem ersten steht der Erlöser der Menschheit Herkules mit einer Keule und einem Löwenfell. Der Kraftprotz wird gestützt vom dreiköpfigen Hund, dem Hüter der Unterwelt Hades, sowie einem Zentaurus, halb Mensch, halb Pferd. Sehen Sie hier den Sieg des Menschen über das Böse?
Auf dem gegenüberliegenden Kamin steht Apollo von Belvedere, der von zwei Atlanten gestützt wird. Der erste ist der Satyr König Midas, welcher so dumm war, um als Schiedsrichter im Duell zwischen Apollo und dem zweiten Satyr Marsyas, zu fungieren, als es darum ging, wer von beiden der bessere Flötenspieler ist. Beide gelten als Personifikationen von Dummheit und Hochmut. Midas wurde mit Eselsohren bestraft.
Über all dem krönt Chronos, der Herr der Zeit, von dem die Harmonie auf der Welt abhängt.
König Stanislaw August Poniatowski als einer der aufgeklärtesten Könige seiner Zeit. Der Ballsaal sollte nicht nur der Freude und Leidenschaft fronen, sondern mit den Figuren und Malereien zum Nachdenken anregen. Alles ist vergänglich und was zählt, ist Friede, Aufopferungsbereichtschaft, Tugenden, Kampf gegen eigene Laster und Ausdauer. Hier wird der Geist der Zeit sichtbar und spürbar. Poniatowski war ein würdiger Repräsentant der Aufklärung und seiner Zeit weit voraus.
Die Wände sind mit Groteske von Jan Bogumil Plersch verziert. In der Mitte des Saals wurden die vier Naturgewalten Wasser, Erde, Luft und Feuer dargestellt.
Raum mit Portraits
Anschließend geht es weiter in den Raum mit zahlreichen Portraits. Mit der Erweiterung des Pavillons von 1788 wurde auch dieser Raum angebaut. Poniatowski ist in seiner Rolle als König etwas unbeholfen gewesen, als Kunstmäzen jedoch konnte ihm niemand das Wasser reichen. Die Malereiwerke wurden hier aufgrund der guten Lichtverhältnisse ausgestellt.
Die hier stehenden Möbel gehören zur originellen Ausstattung zur Zeit von Stanislaw August Poniatowski.
Saal des Salomon
Der Saal des Salomon ist der Repräsentationsraum der Residenz. Er befindet sich auf der Nord-Süd-Achse und hat einen wunderschönen Ausblick auf den nördlichen Teich. Hier wurden, in Abgrenzung zum Ballsaal, Bilder ausgestellt, vor allem vn Marcello Bacciarelli, einem engen Freund von Stanislaw August Poniatowski. Die Werke handelten von Salomon, dessen Gesicht die Züge von Poniatowski hatten. Leider sind jene Bilder 1944 abgebrannt. Heute befinden sich in den entsprechenden Nischen Staffeleimalereien von Bacciarelli.
Bildergalerie
In der Bildergalerie wurden die wertvollsten Werke in Poniatowskis Besitz ausgestellt. Auch heute noch hängen die Bilder in der Anordnung von 1795. Poniatowski war im Besitz von 2289 Kunstwerken.
Die Kapelle
Die Kapelle entstand 1793 an der Stelle eines Turms des Pavillons aus Lubomirskis Zeiten. Nachdem Zar Alexander I. 1817 Eigentümer des Palastes wurde, verfiel die Kapelle in Ungnade. 1848 wurde eine orthodoxe Kirche an den westlichen Säulengang angebaut. Die Kapelle wurde beseitigt. 1922 wurde sie erneut aufgebaut.
Vorzimmer | Antichambre
Dieser Raum entstand während des großen Umbaus von 1788. Von hier gelangt man zu den Privaträumen des Königs in der ersten Etage.
Vorzimmer | 1. Etage
Die ganze erste Etage gehörte zur privaten Ausstattung des Königs. Im südlichen Teil waltete der König, im nördlichen hauste seiner persönlicher Kammerdiener Ryx. Die Etage wurde 1777 erschlossen.
Hinter der Treppe geht man direkt nach links.
Die kleine Galerie | 1. Etage
Ein Raum mit Werken niderländischer und holländischer Maler des 17. und 18. Jahrhunderts.
Interessant ist auch die Chronos-Figur. Die Spitze der Sense zeigte auf die aktuelle Stunde des Tages.
Balkonzimmer | 1. Etage
Dieser Raum wurde 1840 von Zar Nikolaus I. von der Kleinen Galerie getrennt.
Königliches Arbeitszimmer | 1. Etage
Hier verbrachte der König die meiste Zeit. Als König, Mäzen, Architekt und Politiker gab es stets viel zu tun, von Ruhe konnte also keine Rede sein. Stanislaw August war ganze 32 Jahre König von Polen. Seine Regierungszeit wird von vielen Polen sehr kritisch gesehen. Sein Wirken in Warschau hingegen hat sehr positive Spuren hinterlassen. Der heute im Raum stehende Schreibtisch gehörte nicht Poniatowski, stammt jedoch trotzdem aus seiner Zeit. Es ist ein Rokoko-Schreibtisch von 1763.
Die restlichen Räume | 1. Etage
Die letzten Räumlichkeiten sind das Schlafzimmer, die Garderobe und die private Bibliothek.Im nördlichen Abschnitt kann man sehen, wie sein persönlicher Kammerdiener hauste und stets zur Verfügung stand.
Der Speiseraum
Poniatowski hatte sich madame Marie Thérese Rodet Geoffrin als Vorbild genommen, als er seine jeden Donnerstag stattfindenden Mittagessen organisierte. Madame Geoffrin veranstalte regelmäßige Treffen von Gelehrten und Künstlern im Speisesaal ihres Hauses. Auch Poniatowski hat an einem solcher Abende teilgenommen.
Der Speiseraum bot das perfekte Ambiente für die Donnerstagsmahlzeiten. Hier trafen sich also die klügsten Köpfe des Landes, Künstler, Politiker, Aristokraten und Familienmitglieder des Königs. Der Raum bot Platz für 12 Personen. Die Küche befand sich in der naheliegenden Fähnrichschule (da ist auch der Ticketschalter).
Die Rotunde
Hier schlägt das Herz des Palastes. Der Raum wurde von den Zerstörungen des 2. Weltkrieges glücklich verschont. Hier sprudelte die Wasserquelle, die das Badehaus mit Wasser versorgte und eine Anspielung auf die mysthische Hippokrene war. Stanislaw August Poniatowski ließ den Raum völlig umbauen. In die Nischen ließ er polnische Könige aufstellen: Kasimir der Große, Sigismund I., Stefan Bathory und Johannes III. Sobieski. Über den Eingängen finden die römischen Kaiser Titus, Trajan und Marcus Aurelius. Die lateinische Phrase, die die Rotunde unter der Decke umgibt, lautet Utile mundo editi in exemplum, Alle dienen als Beispiel, der Welt nützlich zu sein.
Natürlich stehen alle diese Figuren nicht ohne Grund hier. Poniatowski soll gemeinhin als Nachfolger dieser großen Könige betrachtet werden.
Quellen
Die Erläuterungen basieren auf unseren eigenen Besuchen, Erklärungen der Museumsführer sowie Museumsbroschüren. Wir wollen mit diesem Beitrag unseren deutschsprachigen Gästen die Möglichkeit bieten, sich vorab etwas zu informieren, und hoffen, dass einige Lust bekommen den Palast bei einem Besuch vor Ort auch von innen zu besichtigen.