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Das Centrum Praskie Koneser. Von der Wodkafabrik zum Hipster-Zentrum

D as ist eine detaillierte historische Übersicht über den Koneser, den wir zu den Hot Spots in Warschau dazuzählen. Diesem Platz kommt eine besondere Rolle zu, weil er das Herz des Stadtviertels Praga ist und alles miteinander verbindet

Falls Du nur eine touristische Übersicht benötigst, empfehlen wir Dir den folgenden Link.

Name und Lage

warschau-pragaHeute ist der ganze Komplex unter der Bezeichnung Koneser bekannt. Um es in Google zu finden, schreiben wir Centrum Praskie Koneser. 

Das ganze Gelände war von 1990 bis 2006 die Wodkafabrik Wytwornia Wodek Koneser. Über die früheren Bezeichnungen schreiben wir mehr im weiteren Verlauf des Beitrags.

Falls Ihr also jemanden nach dem Weg fragen möchtet, benutzt einfach die Bezeichnung Koneser in Praga. Im Beitrag benutzen wir den Namen Koneser. Für diejenigen, die es noch nicht wissen: Das Warschauer Praga ist nicht mit der Hauptstadt der Tschechischen Republik Prag zu verwechseln. Praga ist ein auf der östlichen Stadthälfte liegende Stadtviertel, welches in den 90er Jahren in ganz Polen für seinen kriminellen Charakter bekannt war. Mittlerweile hat es sich zu einem alternativen Hotspot entwickelt und zieht Künstler, Touristen und die linksseitigen Warschauer an. Es ist eines der jüngsten Viertel in Warschau. Die Stadtrechte erhielt Praga erst 1648 und war anfangs eine eigenständige Stadt, die 1791 eingemeindet wurde. Das historische Praga befindet sich nur im Stadtviertel Praga-Polnoc (Praga Nord), allerdings nennt man alles östlich des Flußes einfach Praga. Die hier lebenden Bewohner fahren immer noch Warschau, wenn sie sich auf die andere Flussseite begeben.

Geschichte des Koneser

Die Geschichte des Koneser reicht bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, als die ersten Gebäude der Wodkafabrik errichtet wurden. Für das Stadtviertel Praga war das der Anfang einer Industrialisierung, wie sie in Warschau bis dahin nur in der westlichen Stadthälfte stattfand.

Die Anfänge 1895 – 1915

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Die Wodkafabrik im Bau / Ende 19. Jhd.

Das große Grundstück, auf dem sich heute das Centrum Praskie Koneser (kurz Koneser) und das Museum des polnischen Wodkas befinden, war bereits 1895 mehrheitlich im Besitz der Staatlichen Lager für Weinsprituosen (Warszawski Skarbowy Sklad Win), die im Eigentum des Russischen Spirituosenmonopols (Rosyjski Monopol Spirytusowy) und der Warschauer Gesellschaft für die Reinigung und den Verkauf von Spirituosen (Warszawskie Towarzystwo Oczyszczania  i Sprzedazy Spirytusu) stand. Die Aufgabe des Unternehmens war in erster Linie die Herstellung von rektifiziertem Alkohol und das Mischen und Abfüllen von Wodka.

Auf den aufgekauften Grundstücken standen mehrere hölzerne Wohngebäude, die in den Jahren 1895-1897 abgerissen wurden. Parallel dazu wurde der Bau des gesamten Komplexes fortgesetzt. Lagergebäude, Gebäude mit Büro- und Wohnfunktionen, ein Pförtnerhaus, kleinere Nebengebäude, Werkstätten und zahlreiche Nebengebäude wuchsen aus dem Boden. Erst im Jahre 1908 nahm die Koneser-Siedlung innerhalb der Ząbkowska-, Markowska-, Białostocka- und Nieporecka-Straße ihre heutige Gestalt an.
Von der Seite der Białostocka-Straße wurden zwei Zuggleise zum Werk geführt.

Zu Beginn des 20. Jahrhundert war die Wodkafabrik in Fabrik in Praga eine der größten im Russischen Reich

Dabei ist zu bedenken, dass auf dem Gelände anfangs zwei Produktionslinien in Betrieb waren. Die erste war Staatseigentum (damals war Warschau eine russische Provinzstadt) und die zweite das oben erwähnte polnische Unternehmen Warszawskie Towarzystwo Oczyszczania  i Sprzedazy Spirytusu, das 1886 gegründet wurde ursprünglich im Werk in der Dobra-Straße 18 produzierte. Diese Firmengründung ist mit der Einführung des Fiskalmonopols auf den Alkoholverkauf im Jahre 1897 verbunden. Der private Betrieb säuberte den Spritus für den Staatsbetrieb, welches daraus den Wodka herstellte.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Staatsunternehmen eines der größten im Russischen Reich. Mit dem Anstieg der Produktion stieg auch die Produktionsleistung des polnischen Unternehmens. Vor 1914 wurden bis zu 150 Sorten von Wodkas und Likören hergestellt.

Im Sommer 1915 marschieren preußische Soldaten in Warschau ein, die Russen müssen 100 Jahre nach dem Wiener Kongreß, der das Königreich Polen in Personalunion mit dem Russischen Reich begründete, das Feld räumen. Doch sie hinterließen verbrannte Erde hinter sich, verbrannten alle Archive und sprengten alle Brücken in Warschau. Mit der Wodafabrik gingen sie sehr sanft um und ließen sie stehen. Den Wodka konnten sie jedoch nicht mitnehmen.

Der Wodka fließt

10 Millionen Liter Wodka landeten 1915 auf der Straße. In Praga werden Träume wahr.

Zum Zeitpunkt des preußischen Einmarsches befand sich im Koneser ein Alkoholvorrat von  10 Millionen Liter Wodka. Die Einwohner Pragas staunten nicht schlecht, als sie diese Menge Spiritus auf den Straßen fließen sahen. In Praga werden Träume wahr und es begann sofort eine soziale Kampagne zur Rettung des Schnapses. Die Russen sprengten die Kierbedzia-Brücke und damit auch die unter dem Steg hängende Wasserleitung, was bedeutete, dass der auf dem Werksgelände vorhandene artesische Brunnen zu einer unschätzbaren Quelle für Wodka … ich meine natürlich Wasser … wurde.
Nach dem deutschen Einmarsch wurde die Anlage von der Staatlichen Distilleriegesellschaft (Krajowa Spolka Gorzelnicza) wieder instand gesetzt.

Im unabhängigen Polen 1918 – 1939

Im Jahr 1919 wurde das Werk Teil des staatlichen Branntweinmonopols (Panstwowy Monopol Spirytusowy). Das ehemaligen Unternehmen trugen seitdem den Namen Spiritusrektifikation und Wodkafabrik Nr. 1 (Rektyfikacja Spirytusu i Wytwórnia Wódek Nr. 1), waren aber weiterhin zwei juristische Personen. Erst seit 1938 hieß der gesamte Komplex Warschauer Rektifikation (Rektyfikacja Warszawska – Polski Przemysł Wódczany SA).

Im Jahr 1928 wurde die Produktion des Wodkas Wyborowa und ein Jahr später der Marke Luksusowa aufgenommen. Beide Wodkas existieren bis heute. Der Wodka Luksusowa ist einer der besten Kartoffelwodkas auf dem polnischen Markt.

Zu dieser Zeit wurden praktisch keine zusätzlichen Gebäude errichtet, es kamen lediglich zusätzliche Gleise hinzu.

Krieg und Kommunismus

Während des Krieges wurden die Gebäude auf der Seite der Ząbkowska-Straße, der Dampfkessel und die Ecke der Białostocka- und Markowska-Straße zerstört. Der größte Teil der Fabrikausrüstung wurde geplündert.
Im Jahr 1947 wurde die Fabrik von der Warschauer Spirituosen- und Hefeindustrie Polmos übernommen und die Produktion wieder aufgenommen. Die wiedererrichteten Gebäude unterschieden sich architektonisch wesentlich von denen aus dem 19. Jahrhundert.

Im freien Polen

Im Jahr 1990 wurde der Name in Warszawska Wytwórnia Wódek Koneser geändert und dieser Name ist heute am Eingang zum Koneser in der Zabkowska-Straße sichtbar. Die Produktionsleistung ging jedoch deutlich zurück und die finanzielle Situation verschlechterte sich weiter. Das Werk wurde von Konkursverwaltern geführt.
Die Räumlichkeiten des vom Produktionsprozess ausgeschlossenen Teils der Anlage wurden an kulturelle Einrichtungen vermietet. Es entstand das Kulturzentrum Koneser, das bis 2010 das Theater Wytwórnia und das Lagerhaus Praga beherbergte, während die Postproduktionshallen für Konzerte und Kunstgalerien genutzt wurden.
Leider wurden die Fabrikgebäude im Jahr 2007 zum Verkauf angeboten.

Koneser heute

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Der Plac Konesera, Mittelpunkt der Anlage © MW

Ab 2014 begannen die Revitalisierungsarbeiten und wurden 2018 abgeschlossen. Auf dem Gelände der ehemaligen Wodkafabrik entstand ein großer und gut durchdachter Komplex des Typs mix-use, bestehend aus Wohn- Büro- und Einkaufsflächen Das Gelände wurde nicht abgesperrt und ist öffentlich zugänglich. Von der Wodkafabrik ist nur noch das Museum des Polnischen Wodkas, welches in Nutzungskonzept der Anlage integriert wurde, geblieben. Zum Museum gibt es unten mehr.

Der Dreh- und Angelpunkt ist der Plac Koneseraauf welchem in regelmäßigen Intervallen Ausstellungen organisiert werden. Was die Gäste hier magisch anzieht, ist die Atmosphäre. Die Mieter haben daran großen Anteil. Neben dem Wodkamuseum sind es zahlreiche Restaurants, Cafés und die Bar 3/4 auf der Terrasse der ehemaligen Wodkafabrik, der Warschauer Google-Campus oder auch das Moxy-Hotel.

Als der Koneser 2018 eröffnet wurde, schien es ein misslungenes Konzept gewesen zu sein. Hier war kaum etwas los, die Gäste blieben aus und auch die Warschauer konnten sich damit nicht so ganz anfreunden. Aber mittlerweile kann man sich Praga ohne den neuen Koneser nicht mehr vorstellen. Entscheidend war die Verbindung mit der Zabkowska-Straße, der Hauptschlagader von Praga. Der Koneser war anfangs nicht wirklich Bestandteil der Straße, obwohl der Haupteingang an genau dieser Straße liegt.

Es ist erfreulich zu sehen, wie alles wächst und sich mit der lokalen Gemeinschaft integriert. Daher kann ich nur empfehlen den Koneser zu besuchen, wenn man schon nach Praga fährt.

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Lageplan des Koneser in Praga

Das Museum des Polnischen Wodkas

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Eingang zum Musem des Polnischen Wodkas © MW

Die Entstehung des Museums des Polnischen Wodkas ist eng mit den Veränderungen verbunden, die sich in Praga, insbesondere in der Nachbarschaft der Zabkowska-Straße, seit fast zwanzig Jahren vollziehen. Das aufkommende Interesse für diiesen Teil der Hauptstadt, sowie verschiedene künstlerische und soziale Aktivitäten haben dazu beigetragen, die Identität des rechten Warschauer Ufers zu bereichern und nach außen zu bringen. Gleichzeitig führten die 2000er Jahre, zusammen mit dem Beitritt Polens zur EU und dem Zugang zu deren Strukturfonds, zu einem landesweiten Trend, ehemalige Fabrikkomplexe zu revitalisieren. Dank der Sanierung erhielten Gebäude, die sich oft in einem katastrophalen Zustand befanden, ein zweites Leben und wurden zu einem attraktiven Teil des sich entwickelnden Stadtgefüges.

Mit dem Koneser war es nicht anders. Nach dem Kauf des Areals durch BBI Development im Jahr 2006, zu dem sich in den folgenden Jahren die Entwicklungsgesellschaft Librecht&Wood gesellte, begannen die Vorbereitungen für die Investition namens Centrum Praskie Koneser. Das Konzept sah vor, die historischen Koneser-Gebäude so zu revitalisieren, dass sie kulturellen und Dienstleistungsfunktionen dienen können. Das charakteristischste Gebäude mit dem dazugehörigen Schornstein – die Warschauer Rektifikation – wurde wiederum an die Stiftung Polska Wódka mit der Absicht vermietet, dort das Museum des Polnischen Wodkas unterzubringen.
Ein wichtiger Wendepunkt in der Geschichte des Museums war das Jahr 2014, als in einem offenen Wettbewerb das vom Grafiker Andrzej Pągowski entworfene Siegerlogo ausgewählt wurde, ebenso wie das Innenraum- und Ausstellungsdesign von Mirosław Nizio – Schöpfer vieler Ausstellungen, darunter die Dauerausstellung im Museum des Warschauer Aufstands, im POLIN-Museum und im Museum der Familie Ulma über die Rettung der Juden durch die Polen während des Zweiten Weltkriegs in Markowa. Das Design des ehemaligen Rektifikationsgebäudes zeichnet sich durch einen modernen Ansatz der Museumserzählung aus und bietet den Besuchern Dank des Kinosaals, fünf interaktiver Galerien und zwei Bars einen Einblick in die Geschichte und Tradition der polnischen Destillation.
Am 12. Juni 2018, nach weniger als vier Jahren der Adaption des Gebäudes für museale Zwecke, wurde das Museum des Polnischen Wodkas für Besucher eröffnet.

Museumsführung mit Antoni

Antoni war 2020 – 2021 im Museum des Polnischen Wodkas als Museumsführer und Leiter der Wodkaverkostung tätig. Diese Erfahrung und das erlernte Wissen möchte er weiterhin nutzen und lädt alle in diese Thematik interessierten Gäste auf eine Führung mit anschließender Wodkaverkostung ein.

Schaut Euch die Übersicht an und nutzt den dort angehängten Buchungskalender.

Quellen

  • Gemeinschaftswerk: Koneser, Zabkowska i okolice, Warszawa 2017.
  • Antonis Erfahrungenen als Museumsführer im Museum des Polnischen Wodkas (2020-2021)

Gründer von Walking Poland und lizenzierter Stadtführer in Warschau

"Mein polnisches Herz pumpt das Blut ins deutsche Hirn"

antoni@meinwarschau.com

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